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Natalia Finko

Abschied von dem Winter! [0] - 22.01.2025

Frühling, Frühling, Frühling! Alle warten auf den Frühling, auf die Wärme, auf die Sonne. Nach Süddeutschland kommt der Frühling aber schneller als nach Russland. Während in Russland noch Schnee liegt, stehen im Schwarzwald schon Krokusse im Blüten.

Der "Frühling" in der Maske auf dem Freiburger Umzug © Oleksij Kuzmychov

Dafür geben aber Deutsche mehr Mühe um den Winter zu verjagen und den Frühling anzulocken. In der Zeit, wenn Russen die Pfankuchen, das Symbol der Sonne, backen und gemütlich Tee trinken, schlendern im Schwarzwald wilde Narren und Hexen durch die Strassen. Sie knurren, brüllen und erschrecken dabei nicht nur den Winter, sondern alle Passanten. Allerdings gibt es in dieser Woche anfangs März keine gewöhnlichen Passanten - es sind nur Engelchen, Teufelchen, Zwerge, Bouffons und verschiedene Tierchen zu sehen. Diese wunderschöne Zeit in Süddeutschland heißt Fasching oder Fasnet. Sie beginnt im Schwarzwald am "Schmotziger Dunschig" - am Donnerstag vor Fasnacht, auch Weiberfastnacht genannt. Die Männer haben es an diesem Tag nicht leicht - ihnen werden die Krawatten, die als Symbol der männlichen Macht dienen, abgeschnitten und Schnürsenkel geklaut. Von nun an regieren die Narren und Hexen die Stadt. Sie entreißen dem Bürgermeister den Schlüssel vom Rathaus und setzen vor dem Verwaltungsgebäude den Narrenbaum.


Hexen aus Freiburg © Oleksij Kuzmychov

Der Höhepunkt der Feier ist das Wochenende darauf mit dem Tulpensonntag und der drauffolgende Rosenmontag. An diesen Tagen finden Umzüge, bestimmte Art vom Karneval, überall im Schwarzwald statt - in kleinen Dörfern, z. B. Waldkirch, Heitersheim, Elzach, und in den größseren Städten wie Freiburg. Jeder Stadteil und jedes Dorf hat seine eigene Zunft, die durch ein bestimmtes Kostüm gekennzeichnet ist, deshalb kann man an der Kleidung erkennen wovon der Narr oder die Hexe kommt. Die Umzüge in den kleinen Dörfern unterscheiden sich von den Umzügen in den Städten. Da die Dorfbewohner, die am Umzug teilnehmen und die ihm zuschauen, einander gut kennen, haben sie mehr Spaß zusammen.

Der Umzug im kleinen Schwarzwälder Örtchen Elzach ist durch seine alte Tradition und Geschichte bekannt geworden. Mehr als 1000 von kostümierten Schuttigs nehmen daran teil. Ein Schuttig ist eine Fasnachtfigur mit feuerrotem Zottelgewand, einem Schneckenhut mit Wollbollen und einer Holzmaske. Er knurrt, tanzt, springt und schreit. Alle Schuttigs sollen eine Maske anhaben - sogar kleine Kinder, die mit ihren erwachsenen Begleitern durch die Strassen ziehen oder im Kinderwagen fahren. Auch nach dem Umzug dürfen die Masken nicht öffentlich abgesetzt werden.


So sehen Schuttigs aus © Oleksij Kuzmychov

In den Händen haben Schuttigs am langen Stock befestigte aufgeblasene Rinder- oder Schweinsblasen von der Metzgerei, womit sie die Zuschauer zu treffen versuchen. Sie schlagen mit diesen Blasen alle, die ihnen in den Weg kommen. Man hat ein Gefühl, als ob sie versuchen, die winterliche Kälte aus den Menschen auszuklopfen. Zu den Narren aus anderen Zünften haben Schuttigs noch weniger Toleranz - die "Fremden" landen im Brunnen. Das macht ihnen aber nichts aus. Es herrscht eine wilde feierliche Atmospäre und alle haben viel Spaß miteinander.


Eine "Tortur" mit Rinderblasen © Oleksij Kuzmychov

Am nähsten Tag, den Rosenmonntag, kommen über 4000 Narren aus 120 Zünften und Gruppierungen zu einem großen Umzug in Freiburg zusammen. In diesem Jahr feiert die Breisgauer Narrenzunft und der sogenante Fasnetrufer, der Freiburger Narr, 77 Jahre.


Der Umzug in Freiburg © Oleksij Kuzmychov

Am Rosenmonntag kann man erleben, wie viele Leute in der Region Freiburg wohnen - die Stadt ist voll. Obwohl es keinen offiziellen Feiertag gibt, gehen nur wenige an diesem Tag zur Arbeit. Alle sind in der Stadt, um diese grandiöse Veranstaltung zu genießen und mit Narren und Hexen mitzufeiern. Es ist viel zu sehen - ein bunter Haufen von kostümierten Narren, Clowns, Tierchen bewegen sich lustig im Takt der rhythmischen Musik, begrüßen die Zuschauer mit dem Ausruf "Narri" und werfen Bonbons in die Luft und in die Menschenmenge. Aber nicht immer ist es harmlos für die Zuschauer - einigen werden Mützen entführt, die anderen erleben "Konfettiangriffe". Manche geraten in den Konfettiwagen oder, was noch lustiger ist, ins Hexenkarussell und werden weiter in der Richtung des Umzuges mitgeschleppt. Besonders oft werden junge hübsche "leicht tragbare" Mädels zu den Opfern der Narren. Nach einer kurzen "Tortur" kehren die entführten Jugendlichen lachend zurück. In der Hand haben sie meistens eine Packung Bonbons als kleine Entschädigung.


Ein "Konfettiangriff" © Oleksij Kuzmychov

Der Freiburger Umzug wird durch die Vielfalt und Pracht der Kostümen geprägt. Eine richtige feierliche Bekleidung ist allerdings sehr kostspielig. Eine handgeschnitzte Maske und ein buntes Kostüm kosten ein Vermögen, darum werden sie traditionell von einer Generation zur anderen übergeben. Nicht alle Kostüme in Freiburg sind doch so traditionell, wie in kleinen Dörfern. Es gibt auch modernere Variationen: verkleidete Indianer, Chinesen, Ärzte oder sogar Schwule.


Weniger tradizionellen Kostüme auf dem Freiburger Umzug © Oleksij Kuzmychov

Den Narren gelingt es bestimmt, die Leute mit guter Laune für den bevorstehenden Frühling zu versorgen. Der Winter in der Region ist aber noch nicht immer ganz verjagt. Der richtige Frühling kommt nach dem Morgenstraich in Basel - dem riesigen Umzug in der Nacht von Sonntag auf Montag eine Woche später nach dem Rosenmontag. Von nun an hat der Winter aber keine Chance mehr!


Eine "Der Frühling kommt!" © Oleksij Kuzmychov

Culture |16.03.2011 | Views: 970
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