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Sabina Churja

Anziehungsort für Germanisten [0] - 10.07.2025

Anna Korneva kommt aus einer kleinen Stadt in Ostsibirien. Als Schülerin wollte sie Juristin werden. In der 11. Klasse beschloss sie aber, Fremdsprachen zu studieren. Nach der intensiven Vorbereitung wurde sie zum Studium an der Irkutsker Staatlichen Linguistischen Universität aufgenommen. 2002 bekam sie vom DAAD ein Semesterstipendium und dadurch einen Studienplatz an der Uni Hamburg. 2003 hatte sie schon Diplom ihrer Heimatuni in der Tasche. Heute redet man sie „Frau Korneva“ an, sie lebt und wirkt in Deutschland, unterrichtet Berufssprache Deutsch an der größten Hochschule Thüringens, der Friedrich Schiller Universität in Jena.

- Warum sind Sie wieder nach Deutschland gekommen?
- 2003 schloss ich das Studium an meiner Heimatuniversität in Irkutsk ab. Danach arbeitete ich zuerst an einer privaten Sprachenschule und anschließend an der Technischen Universität Nowotscherkassk im Süden Russlands. Nach drei Jahren Arbeit wollte ich weiter studieren, um meine Deutschkenntnisse zu verbessern, interkulturelle Erfahrungen zu sammeln und Lehrfertigkeiten und –fähigkeiten weiterzuentwickeln. Und ich hoffte natürlich auf bessere Berufschancen.

2005 habe ich mich um ein Masterstipendium beworben und 2006 bin ich wieder als DAAD-Stipendiatin nach Jena gekommen.

- Was machen Sie hier beruflich?
- Nach dem ich mit meinem Masterstudium fertig war, bekam ich eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft beim Projekt „Sprachtraining für Fachunterricht und Beruf“. Dieses Projekt versteht sich als eine Zusammenarbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und des Instituts für Auslandsgermanistik/ DaF/ DaZ der Universität Jena. Sein Ziel ist sprachliche Förderung von Schülern, Auszubildenden und Studenten mit Migrationshintergrund.

Im WS 2009-2010 habe ich außerdem angefangen, Seminare „Berufssprache Deutsch“ für Austauschstudierende zu leiten. Sowohl im Projekt als auch in Seminaren sammle ich praktische Erfahrungen für meine Dissertation im Bereich des berufsbezogenen Deutschunterrichts.

- Ist es schwer, den Deutschlernenden aus der ganzen Welt Deutsch zu unterrichten?
- Momentan habe ich noch nicht viele Erfahrungen im universitären Unterricht in Deutschland. Ich habe damit ja erst in diesem Wintersemester angefangen. Deutsch für Austauschstudierende zu unterrichten ist zwar nicht leicht, macht aber viel Spaß, weil sie aus verschiedenen Ländern kommen und verschiedene Ausgangsvoraussetzungen in den Unterricht mitbringen. Meine Vorbereitung auf die Seminare ist zeitaufwändig, aber die Studenten müssen auch viel Zeit investieren, um am Ende des Semesters gute Noten und ECTS-Punkte zu bekommen.

- Wie wird an der FSU Jena Deutschlernen gefördert/ unterstützt?
- Die FSU Jena hat einen sehr guten Masterstudiengang „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“. 2006 wurde er von dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) als einer der zehn besten internationalen Master-Studiengänge an deutschen Hochschulen ausgezeichnet. Neben dem Preisgeld in Höhe von 20.000 Euro hat der Jenaer Masterstudiengang das Qualitätslabel „TOP 10 International Master’s Degree Courses made in Germany“ erhalten.

Das Institut für Auslandsgermanistik hat eine gut ausgestattete Lernwerkstatt. In gemütlicher Atmosphäre kann man sich dort auf Seminare vorbereiten und andere Studierende kennen lernen.

An der Universität existieren verschiedene Hochschulgruppen, die ausländische Studierende, u.a. auch beim Deutschlernen unterstützen. Das sind z.B. Erasmus-Alumni oder Intro – das Auslandsreferat des Studentenrates.

- Wie finden Sie deutsche Studenten?
- Deutsche Studierende sind selbstständig, selbstsicher und zielstrebig, würde ich sagen. Hier gibt es keine Gruppen, keine Gruppenleiter oder Ähnliches wie in Russland. Jeder ist für sein Studium selbst verantwortlich. Aber hier fehlt es meiner Meinung nach an Teamgeist, obwohl die Gruppenarbeit ein fester Bestandteil fast aller Seminare ist.

In jedem Hochschulsystem gibt es seine Vor- und Nachteile. Das deutsche System hat mir persönlich vor allem Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Entscheidungs- und Planungsfähigkeit beigebracht.

- Was gefällt Ihnen an Deutschland?
- An Deutschland gefällt mir vor allem sein soziales System. Jede Sozialgruppe (z.B. alleinerziehende Elternteile, Senioren, Behinderte) wird durch verschiedene Ämter, Institutionen und Vereine unterstützt. Hier wird dafür gesorgt, dass jeder Mensch sich vollwertig fühlt und Lösungen seiner Probleme findet.

Die berühmte Vorliebe der Deutschen für Ordnung ist kein Stereotyp. Die Deutschen wissen es wirklich, Ordnung, Sauberkeit und Schönheit zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

Im Großen und Ganzen, ist Deutschland ein schönes, hoch entwickeltes, traditionsreiches Land, über das man stunden- oder gar tagelang sprechen kann.

- Was gefällt Ihnen an Jena?
- Jena ist eine relativ kleine Stadt, was wiederum sowohl Nachteile als auch Vorteile hat. So kann die Stadt z.B. keine ausreichende Zahl an Arbeitsplätzen für Geisteswissenschaftler anbieten. Die Stadt hat aber einen großen kulturell-historischen Wert. Weltberühmte Wissenschaftler, Dichter und Erfinder haben hier gelebt und gearbeitet. Goethe, Schiller, Zeiss, Abbe und Schott sind nur wenige Namen, die zum Ruhm der Stadt beitragen.


Jena ist die Stadt der Optik

Jena ist für ein erfolgreiches Studium sehr gut geeignet. Hier sind alle Hochschuleinrichtungen zu Fuß oder mit einem gut entwickelten Verkehrsnetz schnell erreichbar. Die Universität hat eine umfangreiche Bibliothek mit über 600 Lesepältzen sowie mehrere Teilbibliotheken für verschiedene Fachrichtungen. Jena ist eine grüne Stadt, die zum Spazierengehen und Sporttreiben anregt. Kurz gesagt: „In Jene lebt sich‘s bene, in Jena lebt sich’s gut“, so die Worte eines Liedes.

- Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
- Da ich mich für fremde Sprachen und Kulturen interessiere, reise ich sehr-sehr gern. Aus meinen Reisen bringe ich nicht nur viele Eindrücke, sondern auch Hunderte von Fotos mit. Fotografie ist seit kurzem eines meiner Hobbys. Außerdem beschäftige ich mich mit Handarbeit und bastle kreative Sachen aus verschiedenen Materialien.

- Ihre Zukunftspläne?
- Vor allem muss ich mit meiner Dissertation fertig werden und danach eine gute Arbeit finden. Positive Änderungen im privaten Leben habe ich auch vor.

Youth |16.01.2010 | Views: 1542
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