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Ksenia Gamowa
Kleine Stadt ganz groß [0] - 17.07.2025
Vom Schwanken zwischen Dauerprogramm und FreizeitdrangZack, dann geht's zum Mittagessen - normalerweise in die Mensa, manchmal aber auch zu mir nach Hause. Geschirr wegräumen, noch ein Schluck Wasser, dann ist es 13.30 Uhr, der Fachkurs beginnt; in meinem Fall „Journalismus und Medienkultur in Deutschland". Ende um 15 Uhr. Es beginnt... die Freizeit? Nein. Es beginnt das Kulturprogramm mit Vorträgen, Seminaren und Exkursionen.
Doch das Programm-Ende ist in Sicht. Irgendwann zwischen 17 und 18 Uhr scheint es schon auf uns zu warten und uns in seine Arme schießen zu wollen - wären da nicht der Filmabend am Montag, die Schreibwerkstatt am Dienstag, die Theaterwerkstatt am Mittwoch, Sport am Donnerstag und Literaturcafe, Salsa-Kurs und Sommeruni-Party am Freitag.
So wird das Durchatmen zwangsweise auf das Wochenende vertagt. Allerdings nicht gleich auf den Samstag. Denn am Wochenende fahren wir stets irgendwohin, Ziel: Würzburg, Bamberg, Leipzig. Unsere letzte Hoffnung ist der Sonntag, der uns als freier Tag angekündigt wurde. Doch in unseren Plänen steht ein Fehler. Am Sonntag müssen wir nämlich, endlich, waschen und unsere Wohnungen in Ordnung bringen. Ich behaupte, dass es sogar der wichtigste Arbeitstag ist.
Am Wochenende Ausfliegen
Aber erst einmal war Dienstag. Und die Tradition will es, dass man dienstags im Dschäblin's vorbeischaut. Laute, heitere, einladende Musik. Eine Freundin wollte mit Karaoke in ihren Geburtstag hineinfeiern. Das bedeutete, bis nach Mitternacht aufzubleiben. Ich habe es nicht geschafft. Um 1 Uhr lag ich im Bett, um gegen 8 Uhr wieder aufzustehen. Nach Mödlareuth sollte es nämlich gehen, in das Dorf, das zu DDR-Zeiten wie Berlin geteilt war. Mein Weg führt mich stattdessen ins Kreuzsteinbad. Und es sieht so aus, als ob heute jeder aufs Programm verzichten und ins Freibad laufen würde. Sogar unseren Dozenten treffen wir dort.
Das Verhältnis zu den Dozenten ist prima, ohne große Hierarchien. Man duzt sich und trifft sich an allen möglichen Plätzen, im Cafe, am Sportplatz oder eben im Freibad. Am Anfang fiel es schon schwer, so lange nur Deutsch zu sprechen, die Witze zu verstehen, sich an ein ganz anderes Land und andere Menschen zu gewöhnen. Jetzt befürchte ich aber, dass es schwer werden wird, mich wieder zu entwöhnen. Ganz sicher aber werde ich mit zweierlei Erkenntnis in mein Land zurückreisen: erstens, dass in einem guten Team alles leichter zu bewältigen ist und zweitens, dass auch kleine Städte ganz groß sein können.
Ksenia Gamowa
Fotodesign: Aleksej Malachow
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