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Sergej Tschurkin

Aus Serbien nach Russland [0] - 22.01.2025

Von Sergej Tschurkin

Zweiter Teil

In der serbischen Hauptstadt lernte ich aber auch uneigennuetzige Menschen kennen. Im Belgrader Zentrum fuer Menschenrechte traf sich unsere Journalistengruppe mit jungen Vertretern der NGOs. Serbische Menschenrechtler erzaehlten uns aus der Geschichte ihres Kampfes gegen die Milosevic-Diktatur, vom Sturz der Nationalisten, von ihren aktuellen Aktivitaeten.

Aufrichtig berichteten sie uns davon, dass viele ihrer Landsleute sie immer noch fuer westliche Agenten und Landesverraeter halten. Die heutige Regierung Serbiens sei, so Menschenrechtler, in ihrer Demokratisierungspolitik zwar nicht immer konsequent. Sie gebe aber den gesellschaftlichen Strukturen alle Moeglichkeiten, sich frei zu entwickeln. Mein Eindruck aus diesem Gespraech und anderen Kontakten war auch, dass politische Vereinigungen in mehr oder weniger gleichen Bedingungen miteinander konkurrieren – was mir mit Blick auf unsere russischen Verhaeltnisse sehr wichtig erscheint.

Aus der Reise habe ich auch viel Interessantes ueber die Beziehungen Serbiens mit dem Ausland erfahren. Bei offiziellen Treffen – so wie mit dem Vize-Ministerpraesidenten der serbischen Regierung Boschidar Delic – und bei menschlichen Kontakten auf den Strassen, in den Geschaeften, in den Restaurants hoerte ich immer gute Worte ueber Russland. Hohe Beamte und einfache Menschen bedankten sich fuer die russische Position in der Kosowo-Frage, die die meisten in den Gespraechen mit den Auslaendern als immer noch ungeloest bezeichneten.

Zugleich kam es, wenn auch nicht so deutlich artikuliert, immer mehr zum Ausdruck, dass eine erfolgreiche (sprich oekonomische) Kooperation fuer Serbien nur mit dem Westen moeglich ist. So versprach Delic, den deutschen Bedarf an mehreren hunderttausenden an gut ausgebildeten Fachleuen mit serbischen Hochschulabsolventen zu decken. Eine so massive Aufnahme von Fachkraeften koennte Russland mit all seinen Freundschaftsbeziehungen zu Serbien den Belgrader Partnern kaum anbieten.

Andererseits tauchen in serbische-russischen Beziehungen immer mehr Probleme auf, die sicher nur wenigen russischen Balkan-Kennern bekannt ist. Nicht alle in Serbien sind z. B. mit dem Ankauf der nationalen Energie-Gesellschaft NIS durch den Gazprom fuer einen billigen Preis zufrieden. Die Baubedingungen der transeuropaeischen Gaspipeline South Stream auf serbischen Boden beurteilen manche politische Kraefte als nicht ganz fair. Zu einem richtigen Spannungsfeld ist auch die russische diplomatische Anerkennung von Suedossetien und Abchasien geworden, die indirekt die Moskauer Ablehnung der Kosowo-Anerkennung fragwuerdig macht.

Society |30.12.2008 | Views: 1151
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