Home » News » 2011 July 25 |
Russland: 50.000 Metallbearbeitungsmaschinen pro Jahr benötigt - 22.07.2025
MOSKAU (NfA/gtai)--Deutschlands Werkzeugmaschinenbauer blicken wieder deutlich optimistischer auf den russischen Markt. Nach zwei Jahren Absatzrückgang dürfte dieses Jahr ein deutlicher Zuwachs verzeichnet werden. Der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) rechnet mit einem Exportplus von 8% in Richtung Russland. Auf der wichtigen Fachmesse "Metalloobrabotka" in Moskau zeigten sich die deutschen Aussteller entsprechend zuversichtlich.Die boomenden Kfz-Montagewerke und die Kfz-Zulieferbranche, die Luft- und Raumfahrtindustrie, der Energieanlagenbau, der Waggon- und Eisenbahnbau sowie der russische Maschinenbau selbst sorgen für neuen Schwung beim Absatz von Dreh- und Fräsmaschinen, Stanz- und Biegemaschinen und Bearbeitungszentren. Russland ist der drittwichtigste Auslandsmarkt für die deutschen Hersteller. Nach Angaben des VDW hat das Land seit 1999 seinen Werkzeugmaschinenverbrauch verachtfacht auf einen Wert von 1,4 Mrd EUR. Die russische Regierung rechnet damit, dass der heimische Markt für Werkzeugmaschinen in den nächsten fünf Jahren ein Volumen von über 3 Mrd EUR erreicht. Der Modernisierungsbedarf der russischen Industrie ist nach Einschätzung des VDW immens und damit auch das Geschäftspotenzial für Produktionsausrüster.
"Nachdem die Einnahmen aus dem Rohstoff- und Energiegeschäft wieder sprudeln, ist der Weg für Investitionen in die Industrieausrüstung frei", erklärte VDW-Vorsitzender Martin Kapp. Er erwartet für dieses Jahr ein Wachstum von 8% im Vergleich zum Vorjahr und damit deutlich mehr als auf den westeuropäischen Märkten. Diese optimistische Stimmung teilten auch die über 60 deutschen Aussteller auf der Moskauer Fachmesse "Metalloobrabotka" im Mai. "Alle deutschen Firmen, die in Russland Geschäfte machen, waren vertreten. Das Interesse der Fachbesucher war deutlich besser als im Jahr zuvor, und die Aussteller waren sehr zufrieden", sagt Klaus-Peter Kuhnmünch, der den VDW vor Ort vertrat.
Trotz der wieder anziehenden Aufträge ist es für die deutschen Werkzeugmaschinen-Hersteller immer wichtiger, ihr Engagement in Russland zu verstärken. "Eine reine Bearbeitung des Marktes von Deutschland aus ist schwierig", erklärte Kuhnmünch. "Das Land ist zu groß und hat sehr viele starke Industrieregionen. Deshalb bauen immer mehr Unternehmen eigene Gesellschaften für Vertrieb und Service in Russland auf. Damit sind sie dann deutlich erfolgreicher."
Die Gildemeister AG geht sogar noch einen Schritt weiter. Das Bielefelder Unternehmen plant in der Region Uljanowsk den Aufbau einer eigenen Fabrik. Wie russische Medien berichteten, wurde Ende Mai eine Absichtserklärung zwischen Gildemeister und der Gebietsverwaltung unterzeichnet. Demnach sollen ab Jahresende für 20 Mio EUR eine Fertigungsstätte für Werkzeugmaschinen und ein Ausstellungssaal entstehen. Gildemeister will rund 200 Arbeitskräfte an dem Standort beschäftigen.
Solche Projekte sind der russischen Staatsführung natürlich willkommen. Sie will dem eigenen Maschinenbau und vor allem den Werkzeugmaschinenfabriken wieder auf die Sprünge helfen. Zu Sowjetzeiten war das Land weltweit der drittwichtigste Hersteller von Metallbearbeitungsmaschinen. Heute liegt Russland nur noch auf Platz 22. Die Inlandsproduktion an Werkzeugmaschinen hat sich zwischen 2007 und 2009 von 19.700 auf 9.500 halbiert. Im vergangenen Jahr gab es wieder einen leichten Anstieg auf 11.200 Maschinen, davon 9.100 Metallbearbeitungsmaschinen. Ein Drittel der Produktion entfällt auf Zerspanungsmaschinen.
Laut russischer Regierung ist die Zahl der Metallbearbeitungsmaschinen, die in der Industrie eingesetzt werden, seit 1990 um 1 Mio gesunken. Die verbliebenen 1,5 Mio Maschinen sind im Durchschnitt bereits 20 Jahre in Betrieb. Pro Jahr benötigt die russische Industrie etwa 50.000 neue Metallbearbeitungsmaschinen. Diesen Bedarf kann die einheimische Industrie derzeit nicht decken. Untersuchungen haben ergeben, dass bis 2015 etwa 700.000 neue Maschinen und Anlagen im Wert von rund 20 Mrd EUR angeschafft werden müssten. Beispielsweise soll das "Tscheljabinsker Traktorenwerk - Uraltrak" umfassend modernisiert und eine Serienproduktion leistungsfähiger Dieselmotoren für etwa 325 Mio EUR eingerichtet werden. Das Re-Engineering russischer Betriebe eröffnet deutschen Herstellern enorme Absatzchancen.
Allerdings könnten sie künftig mehr Konkurrenz durch russische Werkzeugmaschinen-Hersteller bekommen. Das Regierungsprogramm "Entwicklung des einheimischen Werkzeugmaschinenbaus und der Werkzeugindustrie 2011 bis 2016" sieht vor, dass der Inlandsausstoß auf 75.000 Werkzeugmaschinen steigt. Jährlich sind dafür 250 Mio EUR Investitionen in die Branche vorgesehen. Die Uraler Maschinenbau-Korporation "Pumori-SIZ" plant in Jekaterinburg den Bau von zwei Werken für die Herstellung von Zerspanungswerkzeugen und Werkzeugmaschinen. Sie sollen auf dem Gelände des Technoparks "Averon" entstehen, wo Modelle für medizinische und Industrieausrüstungen entwickelt werden. Verhandlungen über eine finanzielle Beteiligung an diesem Projekt werden mit der japanischen Firma OKUMA geführt. Die Ausgangsmaterialien für die Zerspanungswerkzeuge will Pumori-SIZ vom Kirovgrader Werk für Hartmetalle kaufen. Diese Partnerschaft soll eine hohe Qualität der russischen Instrumente und die Konkurrenzfähigkeit mit ausländischen Firmen gewährleisten.
An der Modernisierung der Branche ist auch der Staatskonzern Rosnano beteiligt, der Nanotechnologie-Projekte unterstützt. In Rybinsk bei Jaroslawl entsteht derzeit eine Produktion von Zerspanungswerkzeugen mit nanostrukturierter Oberfläche. Bereits Mitte Dezember vergangenen Jahres nahm in der Stadt Ufa das Werk "Titan ECM" zur Produktion von elektrochemischen Werkzeugmaschinen für die Herstellung von Teilen aus nanostrukturierten Materialien seinen Betrieb auf.
Deutschland ist vor Italien und China das wichtigste Lieferland bei Werkzeugmaschinen für Russland. Nach zwei Jahren Umsatzrückgängen in Folge können die deutschen Hersteller in diesem Jahr in Russland wieder mit einem Plus rechnen. Im ersten Quartal sind die Lieferungen nach Angaben des VDW um 4% gegenüber der Vorjahresperiode gestiegen. Dabei waren Teile und Zubehör das stärkste Liefersegment. Offenbar modernisieren die russischen Kunden zunächst ihre bestehenden Anlagen, bevor sie neue Maschinen anschaffen.
Russland ist aber nicht nur Importeur von Werkzeugmaschinen.
Russland wird im Fokus der weltweiten Leitmesse der Metallbearbeitung "EMO" in Hannover stehen, die vom 19. bis 24. September dieses Jahres in Hannover stattfindet. Am 21.September findet dort ein Seminar "EMO-Fokus Russland: Lockruf der Rohstoffdevisen, Produktionsausrüster gefordert" statt, bei dem Praktiker aus der Werkzeugmaschinenindustrie ihre Strategien für das Russlandgeschäft vorstellen.
News |25.07.2011 | Views: 789
Total comments: 0 | |